22. Tag: Das war wirklich toll: Fados und Cristina Branco im Auditorio von Andorra. Wenn ich richtig verstand, war der Anlass für das tolle Konzert, der morgige Nationalfeiertag Portugals (Todestag des Nationaldichters Luís de Camões im Jahr 1580). Die Begrüßungsrede des portugiesischen Botschafters war fünfsprachig (katalanisch, spanisch, französisch, englisch, portugiesisch) und darum eher knapp gehalten. Trotzdem war zumindest in einer Sprache, vermutlich portugiesisch von (vermutlich wirtschaftlichen) Problemen die Rede.
Das Konzert begann mit einem eindrucksvollen Solo auf der portugiesischen Gitarre.
Zur Begleitung stiegen eine normale Gitarre und ein Bass ein - die übliche Begleitung beim Fado, einem melancholischen Stil potugiesischer Folklore. Nach dem ersten Lied erschien Cristina Branco auf der Bühne. Zum zweiten erscheint ein Klavierspieler. Laut Wikipedia geht es im Fado um verlorene Liebe, soziale Mißstände und bessere Zeiten, alles sehr aktuell in Portugal.
Die Lieder sind tief berührend und schwer melancholisch. Cristina singt sich die Seele aus dem Leib. Der Bassist sorgt für Leben auf der Bühne und könnte mit dem Pianisten auch jede Jazzcombo bereichern. Der Gitarrist kann richtig was, aber hat die Ausstrahlung einer Schlaftablette. Der Spieler der portugiesischen Gittare scheint eine Art Genie zu sein, der unglaubliche Klänge gefühlvoll aus seinem Instrument holt. Zugleich scheint es sein einziger Draht in die Umwelt zu sein. Während sich die anderen Musiker stets mit den Augen abstimmen, bleibt er der Welt entrückt. Sonderapplaus für seine Soli quittiert er nicht oder indem er unbeholfen auf seine Kollegen zeigt.
Einzig Cristina gelingte es, ihm ein lange währendes Lächeln ist Gesicht zu zaubern, indem sie ihn einmal in ihren höchsten und süßesten Tönen ansingt.
Vor dem Konzert hatte ich im Restaurant günstig gegessen und getrunken. Da die Küche schon geschlossen war, bekam ich zwei halbe Xapata mit Huhn und Weichkäse sowie mit Schwein und Hartkäse. Beide sahen aus wie von gestern und das Fleisch war nicht der Rede wert. Aber beide Käsesorten schmeckten göttlich.
Ich entschloss spontan, zukünfig keinen Bogen mehr um Käse zu machen.
In der Gegend des Centre de Congressos und Avingude de Meritxell ist Nachts nichts los. Also laufe ich rüber Richtung Busstation. Einige Bars, die tagsüber vor Leere gähnen, laufen über. Die Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf die Dartspieler. Bar 4 Tres ist wie gewohnt voller Leben. Ich gehe drei Ecken weiter in die Karaoke Bar. Es wirkt zu anfang recht famliär, besonders der Gesang...
Etwa um zwölf wird es richtig voll. Eine Gruppe Mädels macht Stimmung. Wenn mal ein schlechter Sänger das Mikrofon quält, übertönen sie das Gequake mit ihren Goldkehlchen.
Um eins verabschiede ich mich und winke ein Taxi herbei. Wie üblich läuft die Taxiuhr bereits als ich einsteige. Wie üblich läuft sie auch nach dem anhalten weiter. Und wie üblich in solchen Fällen, lasse ich mir passend herausgeben ;) So hat der Taxifahrer die Einnahmen für seinen Chef um 50 Cent erhöht, aber 1,30 € Trinkgeld verloren. Ironie wäre, wenn er danach dachte: "Dieser knausrige Ausländer gibt kein Trinkgeld - zum Glück habe ich ihn übers Ohr gehauen".
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